Zusammenarbeit und Austausch zwischen Medizinproduktetechnolog:innen EFZ und dipl. Fachpersonen Operationstechnik HF

Interview mit Norma Hermann, Vizepräsidentin SGSV-SSSH-SSSO, Redaktionsleiterin «Forum», Leiterin ZSVA, Inselspital Bern

Frau Hermann, wie erleben Sie die Zusammenarbeit zwischen Fachleuten der AEMP (Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte) und der OP-Abteilung?

Eine gute Zusammenarbeit zwischen Fachleuten der AEMP und der OP-Abteilung ist sehr wichtig. Da im Instrumentenkreislauf einerseits die AEMP stark involviert ist, aber auch die OP-Fachleute und gegebenenfalls noch andere Fachpersonen, kann es ab und zu kleine Störungen geben. Ich persönlich erlebe die Zusammenarbeit mit der OP-Abteilung als gut. Unstimmigkeiten werden angesprochen und es wird gemeinsam nach Lösungen gesucht.

Die essenziellen Punkt in der Zusammenarbeit sind eine gute Kommunikation (respektvoll, tolerant, auf Augenhöhe), ein guter Informationsfluss in beide Richtungen, regelmässiger Austausch, z. B. in Form von Rapporten, klare Prozesse und eine klare Regelung der «Übergabe» des Materials (wie, wann, was, wer, womit?), eine gute Koordination im Alltag, Disziplin auf beiden Seiten sowie persönliches Engagement.

Wo erkennen Sie Verbesserungspotenzial in der Zusammenarbeit?

In der Zusammenarbeit zwischen AEMP und OP-Abteilung besteht aus meiner Erfahrung Verbesserungspotenzial beim Prozess «Fehlermanagement»: Dazu gehören unter anderem das Ergreifen von Korrekturmassnahmen oder das Eruieren der Hauptursachen bei Produktfehlern. Dabei müssen auch die Risiken in Betracht gezogen werden. Es ist ein gemeinsamer Prozess – so wie auch beide Seiten in den Instrumentenkreislauf involviert sind – und ein bedeutender Prozess, um die Sicherheit und Gesundheit der Anwender:innen und Patient:innen sicherzustellen.

Etwas einfacher oder anders erklärt: Die Wiederaufbereitung ist nach wie vor zu einem grossen Teil eine Aufgabe mit vielen manuellen, menschlichen Handlungen – nicht alles kann durch IT oder Maschinen oder finanzielle Mittel kontrolliert und überwacht werden. So bleibt immer ein Restrisiko, dass ein Set fehlerhaft sein kann. Dank eines fundierten Risikomanagements sind diese Restrisiken bekannt, was normale Arbeitsabläufe erlaubt. Fundiertes Risikomanagement kann aber nicht einseitig sein; auch auf OP-Seite müssen die Restrisiken bekannt sein.

In Bezug auf die Prozesse in der Aufbereitung müssen die Schnittstellen zwischen OP und AEMP ganz klar geregelt sein. Wer macht was, bis wohin und wie genau? Viele AEMP-Mitarbeitende sind zertifiziert und arbeiten nach definierten Prozessen. Ohne werten zu wollen, bin ich der Ansicht, dass auf Seiten OP die Prioritäten zum Teil anders liegen. Weitere Punkte, die auf OP-Seite optimiert werden können, ist die Kontrolle von Material bei der Annahme im OP, die korrekte Lagerung von Sterilgut oder die korrekte Rückgabe von Material an die AEMP.

Nicht zuletzt und ganz allgemein sind die Soft Skills ein wichtiger Faktor in Sachen Zusammenarbeit. Es braucht persönliches Engagement und Disziplin beim Einhalten von Regeln im Umgang mit Medizinprodukten. Der Trend oder die Schwierigkeit, um es anders auszudrücken, ist eine Zunahme von Stellenwechseln bei den Fachpersonen, was sich negativ auf diesen Bereich auswirken kann.

Findet zwischen den beiden Berufsgruppen ein regelmässiger Austausch statt?

Nach meiner Erfahrung und meinem Wissen findet in den Spitälern und Kliniken ein regelmässiger Austausch statt. Je nach Grösse der Institution variiert die Form und die Häufigkeit des Austauschs: persönliche Meetings, Rapporte, E-Mail, Telefongespräche etc.

Sind neben Medizinproduktetechnolog:innen und Fachleuten Operationstechnik noch andere Berufe involviert?

Ja, in Bezug auf Produktkonformität sind andere Berufsgruppen involviert. Der Instrumentenkreislauf betrifft nicht nur die AEMP und die OP-Abteilungen. Zusammengefasst sind daneben die folgenden Berufsgruppen mehr oder weniger stark involviert: Chirurgie, Transportdienst (AEMP selbst, OP-Fachleute selbst oder Dritte) und Beschaffung (Einkauf). Alle diese Stellen sorgen innerhalb der Klinik dafür, dass die Produkte konform sind und haben ihren Anteil an der Verantwortung, dass es zu keinen Ereignissen bei Anwender:innen und Patient:innen kommt.

Inwiefern hat sich der Aufgabenbereich von Fachleuten der AEMP bzw. von Medizinproduktetechnolog:innen EFZ in den letzten Jahren verändert?

Strengere Anforderungen von rechtlicher Seite und immer mehr komplexe Medizinprodukte machen den Hauptteil der Veränderungen aus, aber auch die sich ständig vorwärts entwickelnden Bedürfnisse von Kund:innen und Gesellschaft haben einen Einfluss auf den Beruf.

Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile, wenn ZSVA bzw. AEMP ausgelagert oder zentralisiert werden?

In grossen Kliniken ist aus meiner Sicht eine gute, sinnvoll durchdachte, geographische Nähe vom OP zur AEMP wichtig. Persönlich schätze ich es so ein, dass für grosse Kliniken ein Outsourcing finanziell nicht rentabel ist. Dabei wäre aber zu berücksichtigen, ob die Aufbereitungseinheit örtlich ausgelagert ist oder ein anderes Unternehmen vor Ort die Aufgaben übernimmt. Zudem braucht es bei einer Auslagerung sehr klare Regelungen und vertragliche Vereinbarungen zwischen den Parteien. Und es sollte insbesondere die Distanz berücksichtigt werden, denn zu lange Transportwege können sich auch auf andere Bereiche wie Ökologie und Kosten negativ auswirken. Ansonsten spricht eigentlich nichts gegen eine Auslagerung der Aufbereitung, sofern die Prozesse gut definiert sind.

Wird in Ihrem Arbeitsfeld bereits künstliche Intelligenz (KI) genutzt?

Es werden bereits Roboter oder Sensoren in der Aufbereitung eingesetzt. Dies erfordert je nach Situation ausreichende Platzverhältnisse und lässt sich deswegen oft erst in Zusammenhang mit einem Bauprojekt einer neuen AEMP gut vereinbaren. In der Tat kann der Einsatz von Robotern und Sensoren eine grosse Hilfe sein.

In welchen Bereichen könnte KI die Arbeit von Medizinproduktetechnolog:innen in Zukunft weiter unterstützen?

Roboter können bspw. bei der Beladung und Entladung von Maschinen sinnvoll eingesetzt werden, bei der Verteilung der Operationssiebe an die Packplätze oder beim Aufsuchen von Nachlegereserven für die Vervollständigung von Operationssieben. Weiter können Kameras und Sensoren dem Packer, der Packerin bei der Zusammenstellung der Operationssiebe gemäss Packliste helfen oder schon bei der Triage in der Nasszone.

Künstliche Intelligenz kann ebenfalls hilfreich sein bei der Montage und Demontage von Medizinprodukten oder das ergonomische Arbeiten unterstützen. Was die Überwachung von maschinellen Prozessen betrifft, ist künstliche Intelligenz wahrscheinlich weniger hilfreich, da es sich hier um zwei Dimensionen handelt. Es sind automatisierte und manuell überwachte Prozesse. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Kundenwünsche selten einheitlich sind.

Es besteht Spielraum, wie weit automatisiert werden kann oder soll, und nach meinen Kenntnissen stellt sich dabei alsbald die Frage der Finanzierung.

Herzlichen Dank, Frau Hermann, dass Sie sich für das Interview Zeit genommen haben und für Ihre aufschlussreichen Antworten aus der Sicht einer Expertin der Sterilgutversorgung.

«Schnitt»
Jürg Mühlemann

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