Vorstellung der Autorin
Zita Gerhardt ist Leiterin der AEMP (Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte) im Spital Muri, wo sie seit Juni 2022 tätig ist. Die studierte Physikerin verfügt über die Fachkunde III und ist seit 2012 in der Sterilgutaufbereitung tätig, seit 2017 in leitender Funktion. In ihrer aktuellen Funktion verantwortet sie die Organisation, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Sterilgutaufbereitung. Zusätzlich engagiert sie sich als Berufsbildnerin. Seit September 2025 ist sie zudem Vorstandsmitglied der SGSV (Schweizerische Gesellschaft für Sterilgutversorgung). Mit ihrem Engagement setzt sie sich für hohe Standards in der Aufbereitung von Medizinprodukten sowie für die kontinuierliche fachliche Weiterentwicklung des Berufsfelds ein.
unter „Blacking“ versteht man die Bildung einer dunklen Magnetitschicht auf metallischen Oberflächen, insbesondere auf Edelstahl, durch Behandlung mit Reinstdampf bei Temperaturen über 120 °C.
Während meiner dreizehnjährigen Berufserfahrung in der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) bin ich das ersteMal auf ein derartiges Phänomen (Abbildung 1 und Abbildung 2) gestossen. Über einen Zeitraum von rund drei Jahren wurde eine ungewöhnliche schwarze Verfärbung beobachtet, die sowohl in Sterilisatoren als auch auf chirurgischen Instrumenten auftrat. Der vorliegende Artikel beschreibt den systematischen Weg zur Ursachenfindung, die Erkenntnisse aus den Untersuchungen sowie die getroffenen Massnahmen zur Beseitigung. Ziel dieser Publikation ist es, Fachpersonen in der AEMP für dieses seltene, aber relevante Phänomen – das sogenannte „Blacking“ – zu sensibilisieren.
Nichtrostender Stahl und seine Schutzschicht [1]
Sterilisatoren sowie chirurgische Instrumente bestehen in der Regel aus nichtrostendem Stahl (Edelstahl). Der entscheidende Unterschied zu gewöhnlichem Stahl liegt im Chromgehalt: Wird dem Stahl mindestens 10,5 % Chrom zugesetzt, bildet sich an der Oberfläche eine dünne, unsichtbare Chromoxidschicht, die als Passivschicht bezeichnet wird.
Diese Passivschicht schützt das Metall vor Korrosion, Schmutz und chemischen Einflüssen. Sie regeneriert sich unter normalen Bedingungen selbstständig durch Oxidation, sofern genügend Sauerstoff vorhanden ist.
Wird diese Schutzschicht jedoch beschädigt, etwa durch mechanische Einwirkung (Kratzer), chemische Belastung oder ungeeignete Prozessbedingungen, kann das darunterliegende Metall oxidieren. In der Folge kann es zu Rostbildung oder, unter bestimmten thermischen und chemischen Voraussetzungen, auch zur Entstehung von „Blacking“kommen.
„Blacking“ [2] [3]
Unter „Blacking“ versteht man die Bildung einer dunklen Magnetit-Schicht (Fe₃O₄) auf metallischen Oberflächen, insbesondere auf Edelstahl. Dieser Prozess tritt typischerweise bei Temperaturen über 120 °C in Gegenwart von Reinstdampf unter leicht reduzierenden Bedingungen auf. Eine beschädigte oder unvollständige Passivschicht aus Chromoxid erhöht die Anfälligkeit für die Bildung von Magnetit.
Durch die Demineralisierung und die Wärmeeinwirkung sinkt der pH-Wert des Wassers von etwa 7 auf ca. 5,6. Unter diesen Bedingungen diffundiert Eisen durch die Passivschicht und oxidiert zu Fe²⁺Fe₂³⁺O₄ (Magnetit). Die unterschiedlichen Eisenwertigkeiten führen zur Ausbildung eines bipolaren Moleküls (Abbildung 3), das stark an der Metalloberfläche haftet. Begleitende Faktoren wie Ozon oder CO₂ können die Bildung der Blacking-Schicht verstärken, ähnlich den Mechanismen des Rouging-Phänomens.
In pharmazeutischen Anlagen [5] ist dieses Phänomen bereits seit Längerem bekannt und wird dort regelmässig beobachtet, insbesondere in Dampf- und Kondensatsystemen aus Edelstahl. In der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) hingegen ist Blacking bisher kaum dokumentiert worden, was die Ursachenfindung zunächst erschwerte.
Untersuchungsmethodik
Um die Ursache systematisch einzugrenzen, wurden sämtliche Prozessschritte der Aufbereitung analysiert, wobei relativ früh bestätigt werden konnte, dass die beobachteten Verfärbungen zu keinem Zeitpunkt patientengefährdend waren.
Die Analyse umfasste folgende Schwerpunkte:
- Reinigung und Desinfektionprozess: Entnahme von Wasserproben vor und nach der Patrone, am Ionenaustauscher und bei der Schlussspülung im RDG (Reinigungs – und Desinfektionsgerät). Vergleich von zwei unterschiedlichen Reinigungschemikalien, um Rückstandsbildung auszuschliessen.
- Verpackungsprozess: Untersuchung von Verpackungsmaterialien (Container, Vlies, Beutel, Etiketten) auf chemische Wechselwirkungen.
- Beschaffenheit der Instrumente: Kontrolle der Materialqualität und Oberflächenbeschaffenheit der eingesetzten Instrumente.
- Sterilisationsprozess: Prüfung der Materialqualität und Oberflächenbeschaffenheit der Sterilisatoren. Entnahme und Analyse von Wasserproben aus dem Kesselwasser sowie dem Dampfkondensat. Durchführung einer endoskopischen Untersuchung des Dampferzeugers zur Feststellung möglicher Ablagerungen oder Korrosion.
Ergebnisse und Erkenntnisse [6]
Die Untersuchungen zeigten, dass die schwarzen Verfärbungen nicht auf einen einzelnen, sondern auf das Zusammenwirken mehrerer Faktoren zurückzuführen waren. Besonders auffällig war dabei der Einfluss der Wasserqualität in der Schlussspülung sowie geringfügige Veränderungen in der Dampfzusammensetzung.
Die Laboranalysen wiesen eine erhöhte Konzentration von Silikaten (Vergleichswerten nach EN 285) [7] und gelösten Metallionen nach, welche zur Bildung dünner Magnetit-Schichten beitrugen.
Ebenso spielten Materialunterschiede, beispielsweise zwischen Kupfer und Edelstahl, bei den Sterilisatorkomponenten eine Rolle. Kupfer kann Metallionen freisetzen, die sich auf den Edelstahloberflächen im Sterilisator ablagern.
Erhöhte Silikatwerte in der Schlussspülung wurden aus der Zwischenspülung weitergetragen, während deutlich erhöhte Silikatwerte im Dampfkondensat auf eine Übertragung aus dem Kesselwasser zurückzuführen sind. Darüber hinaus wurden im Kesselwasser sogar visuell erkennbare Verunreinigungen (Abbildung 4) festgestellt, zudem waren die Werte von Kupfer, Phosphor, Natrium und Chlorid erhöht. Aufgrund der Abweichungen von den EN-285-Normwerten wurden Interventionsmassnahmen zur Verbesserung eingeleitet.
Darüber hinaus wurden verschiedene Partikelarten nachgewiesen:
- Gelblich-braune Krümel (Abbildung 5), die vermutlich von Ionentauscherharzen stammen und auf defekte Patronen hinweisen.
- Schwarze, unregelmässige Partikel und Fasern (Abbildung 6), wahrscheinlich durch versprödetes Kunststoffmaterial oder defekte Dichtungen verursacht.
- Weisse, faserige Partikel, die vermutlich aus OP-Material stammen.
Die genaue Herkunft der einzelnen Partikel ist schwer zu bestimmen, da sie sowohl aus der Reinigung, aus Verpackungsmaterialien als auch aus dem Sterilisationsprozess stammen könnten.
Zusätzlich wurde weisser Abrieb, insbesondere von älteren Containern, beobachtet. Dies deutet darauf hin, dass der Prozess in Kombination mit mild-alkalischen Reinigern möglicherweise zu aggressiv für das verwendete Material war.
Interventionsmassnahmen
Optimierung der Reinigungs- und Desinfektionsprozesse:
- Umstellung der Reinigungschemie für die bessere Reinigungleistung.
- Umstellung der Zwischenspülung von Stadtwasser auf VE-Wasser.
- Einführung einer regelmässigen Grundreinigung und eines Passivierungsprozesses, um die Bildung einer stabilen Passivschicht zu gewährleisten. Dies erhöht die Langlebigkeit der Instrumente.
Optimierung der Wasseraufbereitung:
- Austausch der Ionenaustauscher und zusätzlicher Einsatz von Partikelfiltern.
- Häufigere Neubefüllung des Dampfkessels und Anpassung der Steuerung zusammen mit dem Hersteller.
- Prüfung der Rohrleitungen zwischen Ionenaustauscher und Kessel auf Ablagerungen oder Defekte.
Massnahmen an Sterilisatoren und Kesseln:
- Durchführung einer kompletten Reinigung, inklusive Derouging, Deblacking, Elektropolieren und anschliessender Passivierung. (Abbildung 7 und Abbildung 8)
Durch diese Massnahmen konnten die Verfärbungen vollständig beseitigt und ein erneutes Auftreten bisher erfolgreich verhindert werden.
Fazit
Das Phänomen des „Blacking“ stellt eine seltene, aber relevante Herausforderung in der Aufbereitung von Medizinprodukten dar. Es zeigt, wie wichtig die kontinuierliche Überwachung und Zusammenarbeit aller Beteiligten von internen und externen Fachbereichen ist. Dazu gehören insbesondere die Medizintechnik, Labore für Wasseranalytik, Fachpersonen von anderen AEMPs, Hersteller von Sterilisatoren, Materialprüfstellen, Validierer, Chemieanbieter sowie Instrumentenhersteller.
Der Weg zur Lösung gestaltete sich dabei herausfordernd, da die Verantwortung zunächst wiederholt zwischen verschiedenen Spezialisten verschoben wurde. Das Phänomen erwies sich jedoch als ganzheitliches Problem, das nur durch gemeinsames Vorgehen aller Beteiligten verstanden und behoben werden konnte. Am zielführendsten ist es daher, alle relevanten Stellen frühzeitig an einen Tisch zu holen. Nur durch systematisches Vorgehen, analytische Untersuchungen und interdisziplinäre Zusammenarbeit konnte die Ursache schliesslich eindeutig identifiziert und beseitigt werden.
Dieser Erfahrungsbericht soll dazu beitragen, das Bewusstsein für solche materialtechnischen Veränderungen zu schärfen und die Qualitätssicherung in der AEMP weiter zu stärken.
Literaturverzeichnis
[1] Joachim Schlegel, Nichtrostender ferritischer Stahl, Book ©2025
[2] Fachartikel Chemie Plus 10-2015, reinraum /GxP, Seite 32-36
[3] Erfahrungen in Derouging und Deblacking, Referent: Karl Enzler , Inhaber & VR-Präsident der Beratherm AG
[4] ChemNet Global Chemical Network, Iron Oxide Black 318, Nov 19, 2018
[5] Fachartikel contamination control report 1/2016 Rouging und Blacking in pharmazeutischen Anlagen
[6] Dr. Gerhard Kirmse, Philipp Scholz, Ergebnispräsentation B.Braun Sharing Expertise, 2025
[7] Kevin Ruwisch, VSM-Untersuchung magnetischer Eigenschaften von epitaktischen Magnetitschichten, Bachelorarbeit vorgelegt im Rahmen der Prüfung für den Zwei-Fächer-Bachelor-Studiengang im Teilstudiengang Physik, Osnabrück, 21. November 2016
[8] Prof. Ulrike Diebold, Gareth Parkinson, PhD, Dr. Florian Aigner, Alle News an der TU Wien, Die Rost-Formel, 05. Dezember 2014
[9] Alexander Liks, Korrosions – und Aufkohlungsprozesse von Dampferzeuger – Werkstoffen unter Berücksichtigung der Achedepositionen, 19.11.2013
[10] Detlef Leistner, Leiter AEMP KSLB Standort Liestal, Verfärbung auf Edelstahloberflächen, forum 1 2017
[11] Hygieneforum.ch, Rouging: Ablagerungen in Reinwassersystemen, 12.07.2023
[12] Materials Science and Technology, Black oxide coating and its effectiveness on prevention of hydrogen uptake, 2018
